Treuer Wegbegleiter: Vom Lebensretter zum Trainer

Ein Badeunfall im Sommer 2014 stellte das Leben von Andreas Ernhofer auf den Kopf. Bei einem Köpfler aus einem Meter Höhe brach sich der damals 17-Jährige drei Halswirbel. Die Diagnose: Querschnittlähmung

„Ich bin mit einem normale Köpfler ins Wasser gesprungen, so wie ich es davor schon hunderte Male gemacht habe – ohne dabei den Boden berührt zu haben. Ich habe wohl den schlechtesten Eintauchwinkel erwischt, bei dem die Wasseroberfläche voll auf Spannung war. Laut den Ärzten wäre ein Lottosechser viel wahrscheinlicher gewesen“, erinnert sich Ernhofer zurück und gibt weitere Einblicke: „Von einer Sekunde auf die andere habe ich meinen Körper nicht mehr gespürt, konnte mich nicht mehr bewegen. Ich war unter Wasser, habe die Wasseroberfläche schimmern gesehen, konnte dort aber nicht hin. Als die Luft schon knapp wurde, haben mich meine beiden Cousins gerade noch rechtzeitig aus dem Wasser gezogen – Gott sei Dank!“

Emotionaler Moment im Krankenhaus

Am Strandbereich war dann sehr schnell klar, dass etwas nicht stimmt. Ernhofer sah die Berührungen seiner Cousins, konnte sie aber nicht mehr spüren. Nach dem Transport mit der Rettung ins Krankenhaus folgte eine Notoperation, ehe es auf der Intensivstation sehr emotional wurde. „Mein Cousin ist reingekommen, aber sofort wieder hinausgegangen. Erst beim zweiten Versuch hat er es geschafft, hatte Tränen in den Augen und sich dafür entschuldigt. Der Anblick mit den Geräten und Kabeln war sicher nicht leicht. Ich habe ihn dann getröstet und erklärt, dass ich keine Schmerzen habe. Das war irgendwie komisch, aber es war für mich ein prägender Moment“, erklärt der Niederösterreicher, der als sehr ehrgeizig gilt und mental sehr stark ist.

Mit seiner Familie und seinen Freunden im Rücken begann ein harter Weg. Der heute 24-Jährige hat in den folgenden Monaten hart an sich gearbeitet, sich durch den Reha-Prozess durchgekämpft und viele Funktionen wieder zurückgeholt. „Ich bin selbstständig und kann meine beiden Hände fast voll einsetzen. Ich bin sehr glücklich, dass sich die harte Arbeit bezahlt gemacht hat und ich viele Funktionen wieder zurückgewinnen konnte. Mein Weg ist aber noch nicht zu Ende“, so der zweifache EM-Para-Bronzemedaillengewinner.

Ein Jahr später …

Auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Unfall kehrte Ernhofer 2015 wieder zum Haus seiner Großmutter, welches direkt am See liegt zurück. „Das war mir sehr wichtig. Ich habe mich dann vom Steg ins Wasser fallen lassen. Ich verbinde mit dieser Stelle so viele schöne Erinnerungen und wollte nicht, dass ich diese Stelle mit einem negativen Erlebnis in Verbindung bringe. Das Wasser hat mir nichts getan, ich bin gerne dort. Dieser Moment war für mich sehr wichtig. Ich hätte mich wohl selbst blockiert, wenn ich das nicht gemacht hätte.“

Ernhofer fand schnell zum Sport, der dann sein Leben komplett bestimmte. Zuerst spielte der Niederösterreicher in einem Rugby Team und wurde schnell Staatsmeister. Erst ein beiläufiger Spruch seines Physio-Therapeuten Walter Steiner öffnete die Tür zum Schwimmen: „Eines Tages hat Walter gesagt: Du trainierest jede Woche dafür, dass du irgendwann aus dem Rollstuhl kommst. Dann machst du aber eine Sportart, in der du die Rollstuhl-Muskulatur stärkst. Er hatte recht und hat mir damit einen Floh ins Ohr gesetzt. Ich bin dann sehr schnell ins Schwimmteam eingestiegen. Für meinen Körper ist das viel besser, ich trainiere andere Muskelgruppen und komme für ein paar Stunden aus dem Rollstuhl heraus“, zeigt sich Ernhofer über den unfreiwilligen Tipp im Nachhinein sehr dankbar.

Angetrieben von dem Gedanken „Ich möchte zu den Paralympischen Spielen“ investierte der 24-Jährige sehr viel an Zeit und Energie, um seinem großen Ziel näher zu kommen. Schnell kletterte der Niederösterreicher in der Weltrangliste nach oben und holte 2018 seine erste Bronzemedaille über 50m Brust bei der Para-EM in Dublin (IRL). Ein Erfolg, der die Bestätigung der harten Arbeit war und ihn in seinem weiteren ambitionierten Vorhaben bestärkt. „Der dritte Platz bei der Europameisterschaft war für mich entscheidend. Ich hatte ein super Gefühl und wollte diesen Moment noch öfters in meiner Karriere erleben“, blickt der Heeressportler mit vielen Emotionen zurück.

„Perfect Match“ im Paralympics-Endspurt

Die Paralympischen Spiele in Tokyo waren für den Para-Schwimmer schon greifbar, aber dann sollte eine Zeit der Unsicherheit folgen. Neben der Verschiebung kam Ernhofer kurzfristig der Trainer abhanden. „Das war ein harter Brocken für mich. Wo findet man schnell einen neuen Trainer. Es musste ja sofort passen. In dem Jahr hat man nicht viel Zeit für Experimente“, erklärt der 24-Jährige und führt fort: „Und jetzt schließt sich für mich persönlich der Kreis. Mein Cousin Stefan, der mir vor vielen Jahren das Leben gerettet hat, wurde mein neuer Trainer. Er war selbst Leistungsschwimmer (Anm.: Jugendstaatsmeister) und arbeitet als Sport-Physiotherapeut. Sein Wissen und seine Erfahrungen sind für mich ein wahrer Glücksgriff. Wir sind jetzt schon super eingespielt.“ Auch sein zweiter Cousin, der 2014 dabei war, spielt heute eine wichtige Rolle in Ernhofers Leben: Gregor Olejak hat Marketing und Sportmanagement studiert und unterstützt den 24-Jährigen als Manager in allen Belangen.

Mit der Einkleidung und der Verabschiedung durch den Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler wurde Ernhofer bewusst, dass es nun langsam ernst wird. Der Niederösterreicher wird in sechs Bewerben an den Start gehen, zählt aber nicht zwingend zu den großen Medaillenkandidaten. „Es will jeder Athlet bei solch einem Großereignis seine Bestleistungen zeigen. Ich muss aber fairerweise sagen, dass ich nicht zu den engen Favoriten zähle, aber: In meinen Kopf bin ich der schnellste, der in Tokyo Gold holen wird. Wenn ich selbst nicht daran glauben würde, würde ich sicherlich nichts erreichen können“, findet Ernhofer schöne Schlussworte.

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