„Sport ist ein leistungsstarker Motor für die Inklusion!“

Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler im großen Sommer-Gespräch mit „Paralympic News“ über Folgen und Perspektiven der Corona-Pandemie, die Zukunft von Großereignissen und den Inklusions-Schwerpunkt im Regierungsprogramm.

Herr Vizekanzler, Sie verantworten neben dem Öffentlichen Dienst, Kunst und Kultur auch den Sport. Wie wichtig ist Ihnen die Aufgabe als Sportminister?

Werner Kogler: Das wird für Sie nicht allzu überraschend kommen – außerordentlich wichtig. Man könnte genauso gut sagen: Ich verantworte neben dem Sport auch die Kunst, die Kultur und den öffentlichen Dienst. Gerade im Sport sind wir mit ehrgeizigen Zielen gestartet^.

Und dann kam Corona.

Kogler: Plötzlich waren die Prioritäten und Fragestellungen ganz andere. Wie unterbindet man Ansteckungen im Sport und lässt gleichzeitig, auch zur Stärkung des Immunsystems, möglichst viel an Bewegung zu? Mit welchen Maßnahmen sichert man die Strukturen im Freizeit-, Gesundheits- und Leistungssport, verhindert man ein Vereinssterben in bisher nicht gekanntem Ausmaß? Wie schaffen wir es, dass unsere Spitzensportler:innen und Spitzensportler konkurrenzfähig bleiben, wann und wie können die Fans wieder auf den Tribünen am sportlichen Tun ihrer Idole teilhaben? Diese Fragen werden uns weiterhin beschäftigen.

Wie zufrieden sind Sie mit den bisher gefundenen Antworten?

Kogler: Ich glaube aber schon, dass uns so manches richtig gut gelungen ist. Der NPO-Unterstützungsfonds und der Sportligen-Covid-19-Fonds zum Beispiel sind im internationalen Vergleich zwei echte Leuchttürme. Zuschüsse in dieser Höhe suchen in allen vergleichbaren europäischen Ländern ihresgleichen. Die Rückmeldungen aus dem Sport sind tatsächlich äußerst positiv, das ist natürlich höchst erfreulich.

Es ist bekannt, dass sie Fußball-Fan sind und für Sturm Graz die Daumen drücken. Welche Sportarten können Sie noch begeistern?

Kogler: Ich verhehle nicht, dass mich bisher der Fußball am meisten in den Bann gezogen hat, wahrscheinlich wegen meiner eigenen sportlichen Vergangenheit. Ich verfolge auch das Geschehen in den großen internationalen Ligen. Gerne auch inmitten Gleichgesinnter in einer Sportbar. Aber je mehr ich eintauche in die hiesige Sportszene, desto mehr erschließt sich mir, dass jede Sportart ihren ganz besonderen Reiz hat. Es hängt zumeist nur davon ab, wie sehr man bereit ist, sich auf sie einzulassen. Unabhängig von der Disziplin schätze ich Sport generell als leistungsstarken Motor für Inklusion, Integration und Gendergerechtigkeit. Alle drei sind bekanntermaßen Schwerpunkte in unserem Regierungsprogramm.

Und wie halten Sie sich persönlich fit?

Kogler: Ein wunder Punkt. Die COVID-19-Krise hat mich in meinem Bestreben, als Sportminister mit gutem Beispiel voranzugehen, zurückgeworfen, keine Frage. In diesen sehr intensiven Monaten war ich schon froh, das ein oder andere Mal den Häuserblock umrunden zu können. Auch um nachzudenken, in welchen Schritten und unter welchen Voraussetzungen wir Kindern, behinderten Menschen, allen Sportbegeisterten die Rückkehr zum Sport ermöglichen können. Zuletzt war es mir immerhin möglich, mich einigermaßen regelmäßig aufs Rad zu schwingen. Ich bin wild entschlossen, das beizubehalten.

Sie waren noch keine 100 Tage im Amt, da kam das Corona-Virus. In Anbetracht der Folgen, die diese Krise für Österreich hatte und hat, wie viel Zeit bleibt aktuell für den Sport?

Kogler: Es ist nicht so, dass ich darauf warte, wie viel Zeit für den Sport übrigbleibt. Ich arbeite aktiv darauf hin, mir möglichst viel Zeit für das Thema Sport zu nehmen. Weil ich davon überzeugt bin, dass der Stellenwert des Sports auch und vor allem als Querschnittsmaterie in sehr vielen Politikfeldern erkannt und wesentlich mehr berücksichtigt werden muss. Übrigens auch als Werkzeug, damit wir die Krise in vielen anderen Bereichen schneller hinter uns lassen können. Wir treten jetzt in eine Phase ein, in der die Krisenbewältigung im Sport zentrales Thema bleibt, aber die zukunftsweisende Gestaltung der Rahmenbedingungen wesentlich mehr Raum einnehmen wird. Wir kommen also von der Phase des Reagierens, die uns vom Coronavirus diktiert wurde, ins Agieren, ins Umsetzen. In den nächsten Wochen werden die Strategien und Förderrichtlinien erarbeitet, mit denen wir den Sport auf Basis des Regierungsprogrammes weiterentwickeln wollen.

Die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio wurden um ein Jahr verschoben. Ende März heiß diskutiert, heute weiß man, dass die Verschiebung unumgänglich war. Wie haben Sie die Diskussion erlebt?

Kogler: Ich habe in dieser Phase mehrfach darauf hingewiesen, dass internationale Sportgroßveranstaltungen wie die Olympischen Spiele bei dieser aggressiven Art von Pandemie wie eine globale Virenschleuder wirken. Die Absage war tatsächlich alternativlos. Insofern war ich doch erleichtert, dass das Internationale Olympische Comité nach einer Zeit des Zuwartens viel Verantwortungsbewusstsein an den Tag gelegt hat.

Wie zeitgemäß sind Großveranstaltungen angesichts der aktuellen, weltweiten Situation?

Kogler: Man wird nicht so tun können als gäbe es die immer neuen Rekorde bei den weltweiten Neuansteckungen nicht. Die Cluster, die zum Teil durch Reisetätigkeit entstanden sind. Durch Partys. Durch ausgedehnte Aufenthalte vieler Menschen an einem Ort, oftmals indoor. Sport-Großveranstaltungen, sofern sie nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, bringen all das mit sich. Es wird – solange die Gesundheitskrise nicht hinter uns liegt – immer eine Gratwanderung bleiben, was man zulässt und was nicht.

Wie nehmen Sie den Behindertensport in Österreich und die Leistungen der paralympischen Athlet:innen wahr?

Kogler: Mit Begeisterung und Bewunderung. 694 Medaillen sind seit 1960 bei Paralympischen Spielen von Österreichs Sportler:innen n errungen worden, habe ich mir sagen lassen. Eine herausragende Bilanz! Mehr noch als dieser Medaillenregen sind mir die herausragenden Persönlichkeiten in Erinnerung geblieben, denen wir diese Erfolge zu verdanken haben. Viele von ihnen haben unter Mithilfe der Behindertensportorganisationen und Fachverbände mit enormem Ehrgeiz und enormer Beharrlichkeit ein Umfeld geschaffen, das es ihnen ermöglicht hat, diese Spitzenleistungen zu erbringen. Oft mit bescheidenen Mitteln und unter großen Entbehrungen. Mein Ziel als Sportminister ist es, solche Zellen zu fördern und zu stärken, aber vor allem auch ein Umfeld mit System zu schaffen, das es ermöglicht, Talente frühzeitig zu erkennen und zu begleiten. Ich freue mich auch in diesem Bereich auf den Austausch mit dem ÖPC, den Athlet:innen.

Schaut man in das Regierungsprogramm, so ist die Inklusion ein eigener Punkt. Welche Schwerpunkte wollen Sie in diesem Bereich setzen?

Kogler: Anknüpfend an meine vorherige Antwort: Das Um und Auf sind geeignete Einstiegsangebote in Bewegung und Sport. Einerseits durch die Behindertensportorganisationen, genauso aber über die Institutionen der Behindertenbetreuung. Hier haben wir vor, anzusetzen und gezielt zu fördern. Natürlich werden wir auch evaluieren, ob die Höhe der derzeitigen Förderung ausreicht, die Qualität im Behindertensportbereich aufrecht zu erhalten bzw. was man zusätzlich braucht, um sie zu verbessern. Im Bereich der Gleichbehandlung ist in den letzten Jahren einiges ungesetzt worden, Respekt dafür an meine Vorgänger. Wir aber wollen weiter vorankommen: bei der Zahl der öffentlichen Arbeitsplätze für Leistungssportler:innen und Leistungssportler aus dem Behindertenbereich, bei der Angleichung von Erfolgsprämien, bei der medialen Aufmerksamkeit und einigem mehr.

Ein anderes wichtiges Thema ist die Gleichstellung im Sport, angefangen von gleichen Prämien und Preisgeldern für Männer und Frauen bis hin zu einem 50-prozentigen Frauenanteil in den Fördergremien des Bundes. Bis wann rechnen Sie hier mit einer Umsetzung?

Kogler: Da, wo wir es beeinflussen können, wird sich der Frauenanteil binnen kurzer Zeit substanziell erhöhen. Wir werden aber natürlich auch versuchen, auf unsere Partner im Sport einzuwirken, es uns gleich zu tun. Mit Personalentscheidungen allein wird es aber nicht getan sein. Wir brauchen effiziente Förderprogramme im Mädchen- und Frauensport, die Zahlen der WHO attestieren uns großen Aufholbedarf. Rund 85 Prozent der österreichischen Mädchen zwischen 11 und 17 Jahren sind körperlich nicht aktiv genug. Da wollen wir ansetzen.

Stichwort Förderungen: Die Spitzensportförderung wurde bis 2021 verlängert, wird es auch ein Projekt Paris 2024 geben?

Kogler: Förderprogramme für olympische und paralympische Zyklen gibt es seit geraumer Zeit. Manche waren effektiver, andere weniger. Wir werden uns ansehen, was gut funktioniert hat und was weniger und behalten uns vor, unseren eigenen Weg zu gehen. Im Fokus aber wird in jedem Fall stehen, die Medaillenchancen unserer Athlet:innen zu maximieren.

Was soll bleiben, wenn Sie einmal nicht mehr Sportminister sind?

Kogler: Die Erkenntnis, dass der Sport in fast alle anderen Politikfelder ausstrahlt und entsprechend ernstgenommen werden sollte. Und eine Strategie, die Österreich körperlich aktiver und gesünder und unsere Spitzensportler:innen und Spitzensportler noch erfolgreicher macht. Aber keine, die in einer Schublade liegt, so wie die Konzepte meiner Vorgänger. Sondern eine Strategie, die mit Überzeugung umgesetzt wird.

SPONSOR:INNEN

PARTNER:INNEN

SPONSOR:INNEN

PARTNER:INNEN

Office

Adalbert-Stifter-Straße 65
1200 Wien

ANRUFEN

Telefon: +43 5 9393 20330
Telefax: +43 5 9393 20334

EMAIL

Share This