„Im Winter darf keiner frech sein.“
In knapp einem Monat wird es für Natalija Eder wieder ernst. Die zweifache Paralympic-Bronzemedaillengewinnerin von London (2012) und Rio de Janeiro (2016) im Speerwurf wird in Tokyo an ihren dritten Paralympischen Spielen teilnehmen.
Vor vielen Jahren hat alles in Weißrussland begonnen. In der der Schule war vor vielen Jahren eine heimische Fünfkämpferin zu Gast, hat über ihre Erfahrungen im Spitzensport berichtet und die Kinder dazu animiert, sich in den verschiedenen Disziplinen der Leichtathletik zu versuchen. Gesagt getan! „Ich wollte das unbedingt ausprobieren, bin dann zu einem Training gekommen und konnte meine ersten Erfahrungen sammeln. Daraufhin habe ich ein sehr gutes Gespräch mit dem Trainer gehabt. Dann war für mich klar, dass ich dabeibliebe“ erinnert sich Eder, die dann 2003 nach Österreich übersiedelt ist, gerne an ihre Anfänge zurück. Die große Konkurrenz motivierte sie.
In ihrer Kindheit konnte Natalija Eder noch komplett sehen, musste jedoch aufgrund einer Augenerkrankung ab dem Alter von 15 Jahren lernen mit Sehbeeinträchtigungen zu leben und begann bereits ein Jahr nach ihrer Erkrankung Fünfkampf zu trainieren.
Doppelpass zwischen Unsicherheit und Hoffnung
Auch wenn die 40-jährige Salzburgerin die Vorbereitung auf die Paralympischen Spiele schon zwei Mal durchlaufen hat, bleibt es immer noch etwas Besonderes. „Der Einkleidungstermin war für uns wirklich großartig. Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir so umfangreich ausgestattet wurden. Es fühlt sich toll an und bedeutet uns sehr viel. Der ganze Termin war echt spitzenmäßig organisiert,“ strahlt Eder, die seit 2017 auf die Unterstützung des österreichischen Bundesheers zählen kann, in ihrem neuen Paralympischen-Outfit.
Nach einem schweren Jahr, geprägt von Unsicherheiten und vielen Fragezeichen, ist der Startschuss für den finalen Countdown erfolgt. „Ich versuche diese Themen von mir fernzuhalten. Das raubt uns Sportler:innen n so viel Energie. Ich habe mich voll in das Training gehängt und den Fokus komplett auf mich und mein Tun gerichtet“, lässt sich die Salzburgerin selten aus der Ruhe bringen.
In Tokyo wird die Leichtathletin, die seit 2011 österreichische Staatsbürgerin ist, sowohl in ihrer Paradedisziplin Speerwurf als auch im Kugelstoßen an den Start gehen. „Beim Speerwurf ist es nicht immer so klar, ob es dann auch einen Wettkampf gibt. Daher wollte ich auf Nummer sicher gehen und habe eine zweite Disziplin dazu genommen. Aber je nach Tagesverfassung bin sowohl im Speerwurf als auch im Kugelstoßen super drauf“, brennt die 40-Jährige, die immer ohne ihre Familie zu den Wettkämpfen reist und sich voll auf ihren Sport fokussiert, auf ein weiteres Highlight ihrer bislang sehr erfolgreichen Karriere.
Zwei Medaillen machen Lust auf mehr
Die erste Medaille bei den Paralympischen Spielen war für Eder selbst eine große Überraschung, in Rio de Janeiro hat die rot-weiß-rote Athletin insgeheim auf weiteres Edelmetall gehofft. Umso schöner war der Moment, als sie ihre zweite Bronzemedaille überreicht bekam. „Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich das jeweils realisieren konnte. Ich erinnere mich sehr gerne zurück, aber jetzt wartet eine neue Aufgabe auf mich. Mit Prognosen ist es immer schwer. Jede Veranstaltung hat seine eigenen Gesetze, das macht den Sport so interessant. Ich werde mein Bestes geben, und lasse das auf mich zukommen. Aber eines ist klar, ich möchte wieder vorne mitmischen“, blickt Eder auf ihre Erfolge zurück und gibt einen kleinen Ausblick.
Aber zum Abschluss sei noch eine kleine Anekdote erlaubt, die Eder und ihre beiden Söhne seit vielen Jahren verbindet. „Im Winter müssen sich meine beiden Söhne besonders anschnallen und dürfen nicht frech sein. Wie sie noch kleiner waren, haben wir im Winter immer eine Familien-Schneeballschlacht gemacht. Das ist ja die gleiche Technik wie beim Speerwurf, von daher bin ich im Schießen von Schneebällen richtig gut. Das mussten auch meine Kinder anerkennen“, schmunzelt die 40-Jährige, die sichtlich Gefallen an den Duellen mit ihren Kindern gefunden hat.