„Wunderschön!“ Große Emotionen nach Riesen-Gold
Nach dem ersten Durchgang des paralympischen Riesentorlaufs schwebte über dem sehbehinderten Johannes Aigner und Guide Matteo Fleischmann ein großes Fragezeichen. 1,03 Sekunden betrug der Rückstand der beiden Niederösterreicher auf den Italiener Giacomo Bertagnoli. Zu viel für den Geschmack der beiden Paralympics-Debütanten, die zwar zur Halbzeit auf Platz zwei und damit wieder auf Medaillenkurs lagen, aber dennoch zu kiefeln hatten. „Weil wir nicht wussten, woran es gelegen hat.“
Und weil das Fragezeichen zwischen den beiden Durchgängen nicht aus der Welt zu schaffen war, wurde die Taktik geändert: „Wir wollten im Finale ein Ausrufezeichen setzen, das ist uns gelungen“, strahlt der 16-Jährige nun vierfache Paralympics-Medaillengewinner nach der erfolgreichen Jagd auf Gold. Fans, Journalisten und Expertinnen staunten gleichermaßen über die Dynamik im Lauf des Duos Aigner/Fleischmann. Selbst für jene chinesischen Fans, die noch nicht oft oder vielleicht sogar zum ersten Mal bei einem Ski-Rennen waren, war der Klasseunterschied zum Rest der Welt mit freiem Auge sichtbar.
Aigner, mit acht Prozent Sehkraft ausgestattet, machte es wie sein großes Vorbild Marcel Hirscher in vielen wichtigen Rennen, deklassierte die Konkurrenz. Selbst ein Fehler („Einmal hat’s mich überdreht!“) konnte den Schüler aus Gloggnitz nicht stoppen. Der Halbzeitführende aus Italien kam mit 1,68 Sekunden Rückstand ins Ziel, für die Bronzemedaille durfte man 5,58 Sekunden Verspätung haben. „Nachdem unser Medaillensatz bereits komplett ist, gab es nur Alles oder Nichts. Schön, dass unser Risiko mit einer zweiten Goldenen belohnt wurde.“
Interview-Marathon und ein letztes Ziel
Trotz der frühlingshaften Temperaturen blieb die Piste auch in der Medaillen-Entscheidung „knackig“, das war beim Interview-Marathon im Zielraum nicht möglich, wollten doch alle (!) TV-Stationen eine Wortspende des rot-weiß-roten Dream-Teams. „Der mediale Aufschwung ist noch etwas ungewohnt, aber gleichzeitig wunderschön, wenn man mitkriegt, wie viele Menschen sich für einen interessieren. Hin und wieder ist es ein bisschen anstrengend, aber das gehört dazu – und wenn es so gut läuft, nehmen wir das gerne in Kauf.“
Erst recht, weil der fünfte und letzte Renn-Einsatz bei den Paralympics nach einer Programmänderung erst am Sonntag auf dem Programm steht. „Im Slalom können wir sehr viel gewinnen, aber auch einiges verlieren, weil ein Einfädler ist schnell passiert. Aber wir werden probieren, noch einmal aufs oberste Treppchen zu fahren“, gibt Johanns Aigner noch einmal die Mission Gold aus. Guide Matteo Fleischmann lächelt: „Wenn sich der Hansi das in den Kopf setzt, dann bin ich dabei!“
Pajantschitsch wieder in Top-Ten
Nicht ganz vorne dabei waren die österreichischen Rennläufer in der Klasse Stehend. Nico Pajantschitsch schaffte es als Neunter abermals in die Top-Ten. „Ich habe alles gegeben, alles probiert, aber ich wusste auch, dass es heute schwer wird. Die Dichte im Riesentorlauf ist seit Pyeongchang noch einmal größer geworden“, so der Kärntner. Der zweifach versilberte Markus Salcher wurde in seinem letzten Rennen in Yanqing Elfter, der Tiroler Manuel Rachbauer schwingt als 27. ab.
Am Freitag geht es mit dem Riesentorlauf der Damen weiter, dann greifen erstmals die Aigner-Schwestern Barbara, Elisabeth und Veronika ins Geschehen ein. Auch die erst 15-jährige Elina Stary mit Guide Celine Arthofer darf sich Medaillenchancen ausrechnen.
Carina Edlinger ist nach Langlauf-Gold zum zweiten Mal im Biathlon-Einsatz, die Snowboarder René Eckhart und Bernhard Hammerl starten im Banked Slalom.