Aigner: „Eine emotionale Geschichte“
Veronika Aigner hat bei den XIII. Paralympischen Winterspielen in Peking für eine der emotionalsten Medaillen gesorgt.
Nach ihrem Gold-Coup musste die Niederösterreicherin an all die harten Tage, Wochen und Monate nach ihrer im Vorjahr erlittenen Knieverletzung denken.
Wir haben die frischgebackene Paralympicssiegerin gemeinsam mit Guide und Schwester Elisabeth zum Interview gebeten.
Gold bei den Paralympics – was geht in euch vor?
Veronika Aigner: Es sind sehr viele Gefühle auf einmal. Als mir Lisi im Ziel gesagt hat, dass wir gewonnen haben, musste wir beide plärren. Das sind Gefühle, die man nicht jeden Tag erlebt. Wir haben es nicht erwartet, weil ich vor einem Jahr nicht einmal richtig gehen konnte. Jetzt hier die Goldene zu machen, man kann es fast nicht in Worte fassen.
Elisabeth Aigner: Eigentlich bin ich einfach stolz auf Vroni. Wie sie das heute gemeistert hat, wie sie die letzten Monate gemeistert hat – ich glaube die wenigsten können sich vorstellen, was sie durchgemacht hat. Dazu noch die Babsi auf Platz drei, gemeinsam mit Klara, mit der wir uns sehr gut verstehen. Wenn ich darüber rede, kommen mir schon wieder die Tränen.
Ist dir im Moment des Sieges auch die harte Zeit mit Knieverletzung und Autounfall in den Sinn gekommen?
Veronika Aigner: Eigentlich schon nach dem ersten Durchgang, weil ich das Knie ein bisschen gespürt habe. Ich habe nichts gesagt, weil ich niemanden nervös machen wollte. Die Goldmedaille nach diesem Jahr ist einfach unglaublich, das Jahr war wirklich nicht einfach. Es hat sich gelohnt.
Elisabeth: Ich sehe vor mir, wie Vroni mit zwei kaputten Knien im Spital liegt. Und jetzt Paralympicssiegerin, das mit der Schwester zu teilen, ist das Schönste. Ich weiß noch, was Vroni im Spital zu mir gesagt hat.
Veronika Aigner: Da bin ich gespannt …
Elisabeth Aigner: Du hast zu mir gesagt, dass wir in Peking dabei sein werden. Und ich habe dir gesagt, wenn wir das schaffen, machen wir eine Medaille.
Im ersten Durchgang drei Sekunden Vorsprung auf die Konkurrenz, am Ende über sieben Sekunden. Wie erklärt ihr euch den Vorsprung?
Veronika Aigner: Wir wissen es selbst nicht. (lach) Die Trainer sagen immer: Geschwindigkeit hat keine Schönheit. Technisch kann man sicher etwas verbessern, aber wir hatten einfach den Speed. Wir haben gepusht und Gas gegeben, das Risiko hat sich belohnt.
Elisabeth Aigner: Wir haben nach dem ersten Lauf gesagt, dass wir nicht auf Sicherheit fahren. Es kann immer etwas passieren. Wir wollten Vronis Leistung erbringen – je mehr Vorsprung, desto besser. Scheinbar ist das aufgegangen.
Veronika, blicken wir noch einmal auf die letzten 14 Monate zurück. Zuerst der Sturz, dann der Autounfall …
Veronika Aigner: In beiden Knien Kreuzband, Seitenband und Meniskus zu reißen, ist sehr selten. Ich wurde am gleichen Tag operiert, am nächsten Tag bin ich auf Krücken gestanden. Es hat geheißen, du gehst jetzt. Das waren sehr schmerzhafte Schritte, man lernt dann zu schätzen, schmerzfrei zu gehen. Die Reha war anstrengend, dort habe ich unter anderem mit Nicole Schmidhofer trainiert. Durch den Autounfall im November wurden wir zurückgeworfen, im Rückblick ein sehr emotionales Jahr. Das ist jetzt das Tüpfelchen auf dem i.
Ihr musstet bis zuletzt darum kämpfen, nach Peking zu fliegen. Wie knapp war es?
Veronika Aigner: Es war sehr kritisch, weil es vor ein paar Wochen geheißen hat ich kann und darf nicht wegen den Knien. Dann waren wir zum Check bei Dr. Fink, der mich operiert hat, er hat uns dann die Freigabe gegeben. Viele Leute haben dazu beigetragen, dass ich starten konnte. Die Lisi war immer eine große Stütze.
Elisabeth Aigner: Die ganze Familie hält zusammen, die Freunde, das Team. Das ist sicher auch ein Mitgrund für den Erfolg.
Veronika Aigner: Absolut! Das heute mit meinen Schwestern teilen zu können ist wunderschön. Hansi ist auch da, die Eltern auch. Ich bin einfach dankbar.